Lebensentwürfe und berufliche Perspektiven Jugendlicher im Übergang von Schule zu Ausbildung – Mentoring als mögliche Ergänzung professioneller, sozialpädagogischer Begleitung
Erwerbsarbeit und berufliche Zugehörigkeit stellen neben dem Bedürfnis und der Notwendigkeit von ökonomischer Unabhängigkeit zentrale Identifikationspunkte dar und spielen eine wesentliche Rolle im Bereich gesellschaftlicher Partizipation und Sozialer Inklusion. Bei Ausbildungs- und Berufswegen von Jugendlichen nach Abschluss der Schulausbildung mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind in hohem Maß frühe Ausbildungsabbrüche zu beobachten, damit geht Exklusion in der weiterführenden (Berufs-) Ausbildung einher. Mit zahlreichen Beratungs- und Betreuungsleistungen und sogenannten "Nachreifungs-" und Qualifizierungs-Angeboten versucht die Politik, Jugendliche bei dieser Bewältigung zu unterstützen.
Im Lehrforschungsprojekt werden Jugendliche nach Abschluss der Schulausbildung mit sonderpädagogischem Förderbedarf aktiv in den Forschungsprozess einbezogen. Die Jugendlichen werden von Studierenden als Mentor*innen beim methodischen Forschungsansatz "Photovoice" begleitet, um die Partizipation zu gewährleisten. Mittels dieser partizipativen Forschung und durch Begleitung durch Mentoring erforschen wir die Situation, Lebensentwürfe, Bedarfe und Erwartungen von Jugendlichen in Bezug auf ihre berufliche Ausbildung und loten ihre Handlungsoptionen aus. Wir erarbeiten mit ihnen gemeinsam Strategien, die eine Verwirklichung von diesen Lebensentwürfen ermöglichen. Durch die so gewonnenen lebensweltorientierten Einblicke sollen neue Erkenntnisse und Perspektiven für die Jugendberufshilfe erarbeitet werden. Dafür wird folgenden Fragestellungen nachgegangen:
- Was benötigen Jugendliche nach Abschluss der Schulausbildung mit sonderpädagogischem Förderbedarf, um Lebensentwürfe und berufliche Perspektiven entwickeln zu können?
- Welche Herausforderungen ergeben sich für Jugendliche bei der Arbeitsplatzsuche bzw. Annäherung an den Arbeitsmarkt und welche Anforderungen werden an Sie seitens des Arbeitsmarktes (von Ausbildenden, Leitenden etc.) gestellt?
- Wie kann Mentoring dabei unterstützen, eine erfolgreiche Umsetzung der (Berufs-) Ausbildungswünsche zu ermöglichen?
- Wie können Mentoringangebote (im Bereich der Jugendberufshilfe) konzipiert und Mentoringprozesse initiiert und begleitet werden?
Auf einer weiteren Ebene soll mit Vertreter*innen von Jugendberufshilfe und Arbeitsmarkt ausgearbeitet werden, wie es dieser jugendlichen Zielgruppe erleichtert werden kann, sich zu orientieren, um letztlich Handlungsoptionen und Empfehlungen für die Ausgestaltung konzeptioneller Rahmenbedingungen für die Jugendberufshilfe abzuleiten.
Endbericht
In diesem Masterprojekt wurde untersucht, welche Unterstützung Jugendliche mit Lernschwierigkeiten nach Abschluss ihrer Schullaufbahn benötigen, um Lebensentwürfe und berufliche Perspektiven zu entwickeln, und wie Mentoringangebote sie dabei begleiten können.
Gemeinsam mit 16 Jugendlichen aus drei niederösterreichischen Einrichtungen von AusbildungsFit sowie einem Qualifizierungsprojekt wurde von März bis September 2023 in einem partizipativen Prozess mit der Methode Photovoice gearbeitet. Zur Begleitung dieses Prozesses entwickelten die Studierenden ein eigenes Mentoringkonzept. Die Ergebnisse der Photovoice-Forschung wurden in einem Video, einem Folder und einem Handout mit Handlungsempfehlungen der Jugendlichen sowie mehreren Postern aufbereitet.
Am 21. September 2023 präsentierten Vertreter*innen des Forschungsteams diese Ergebnisse in einer Radiosendung im Campus und Cityradio St. Pölten. Im Rahmen des Ilse Arlt Symposiums 2023 an der FH St. Pölten diskutierten die Studierenden, die jugendlichen Co-Forschenden und die Projektleiterinnen die Erkenntnisse mit Stakeholdern aus dem Feld der Jugendberufshilfe.
Zusätzlich entstanden entlang der Photovoice-Forschung differenzierte Fragestellungen, denen die Studierenden in sieben Masterarbeiten nachgingen. Helfried Apfelthaler, Andreas Marchhart und Samuel Picker beschäftigen sich mit der Wahrnehmung von Unterstützungsleistungen in AusbildungsFit-Einrichtungen und Qualifizierungsprojekten durch Jugendliche in Niederösterreich und untersuchen, wie sich diese auf die Perspektiven der Jugendlichen auswirken. Ihre Arbeit bietet Einblick in wesentliche Unterstützungsfaktoren innerhalb dieser Einrichtungen wie: gelungene Ankommensprozesse, Mobilität der Jugendlichen, Möglichkeiten zur Entwicklung von Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen, der Aufbau tragfähiger Beziehungen, ressourcenorientiertes Arbeiten, soziales Lernen in Gruppen, partizipative Entscheidungsprozesse und Unterstützung in der Entwicklung von Zukunftsperspektiven.
Georg Beck analysiert in seiner Masterarbeit den Prozess der Einzelbegleitung in zwei AusbildungsFit-Einrichtungen in Wien und stellt auf Basis seiner Untersuchung die in der Praxis verwendeten methodischen Ansätze vor. Linda Prodinger und Juliane Voglhuber beleuchten Partizipationschancen von Jugendlichen in Qualifizierungsprojekten und Einrichtungen von AusbildungsFit in Niederösterreich, wobei insbesondere die Selbstbestimmung der Jugendlichen im Rahmen dieser Programme im Fokus steht. Ihre Forschung zeigt, dass Partizipation sowohl strukturelle Möglichkeiten als auch die Fähigkeit der Jugendlichen erfordert, ihre Bedürfnisse zu erkennen. Professionist*innen betonen die Bedeutung von Partizipation, identifizieren jedoch begrenzte Ressourcen als Herausforderung.
Katharina Stangl und Nicole Tötzl beschäftigen sich mit der Gestaltung von Mentoring für Jugendliche im Übergang von Schule zu Beruf. Sie analysieren, wie Mentoring für diese Zielgruppe effektiv gestaltet werden kann, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche Ausbildung oder Beschäftigung zu erhöhen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine authentische und transparente Organisation, eine "geeignetes Matching" von Mentor*innen und Mentees sowie die Förderung einer engen Beziehung entscheidend für den Erfolg des Mentoring-Prozesses sind.
Sarah Azizi und Jasmina Turkic Krnjic untersuchen Unterstützungsprozesse und Herausforderungen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf bei der Berufsfindung und -orientierung. Als Herausforderungen gehen strukturelle Benachteiligungen und Schwierigkeiten bei der Umsetzung berufspraktischer Tätigkeiten hervor. Die Studie zeigt auch Ressourcen und Strategien, die den Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen helfen können.
Robin Heichinger, Sophie Mutenthaler und Beate Rinner analysieren in ihrer Masterarbeit den Übergang von Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf von der Schule in den Arbeitsmarkt, insbesondere hinsichtlich der vorhandenen Anschlussmöglichkeiten und der Koordination der unterstützenden Systeme. Dabei wird der Bedarf an ganzheitlicher, bedarfsorientierter Unterstützung ohne zeitliche Begrenzung betont, um Jugendlichen eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Amin Many und Anna Pilz haben methodische Handlungsweisen von Professionist*innen im Übergang von der Schule in den Beruf für Jugendliche mit Behinderung in Wien, Österreich, und Victoria, Australien, erforscht. Entlang einer internationalen Recherche zeigen sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Unterstützungssysteme auf, wobei in Wien ein inklusives Übergangssystem betont wird. Die Studie empfiehlt, stärkenorientierte Ansätze und eine intensivere Integration von Technologien in Wien für eine verbesserte Übergangsarbeit zu nutzen.
Social Work Science Day 2024 - Postergalerie
Impressionen aus den Workshops
Folder
Handlungsempfehlungen
Radiosendung Future? Mentoring!
Radiosendung vom 21. September 2023, Details zur Sendung
News
Masterthesen
Amin Many, Anna Pilz (2024): Erkundung methodischer Handlungsweisen auf mehreren Professionist*innenebenen in Victoria, Australien und in Wien, Österreich im Übergang von der Schule in den Beruf mit Jugendlichen mit Behinderung. Masterthese, FH St. Pölten.
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Department Soziales