Untersucht, inwieweit sich Lehm als nachhaltiges und kostengünstiges Material für Lärmschutzwände eignet.
Hintergrund
Lärmschutzwände werden bislang aus Materialien (unter anderem Beton, Glas, Aluminium) gefertigt, die viel Energieeinsatz benötigen und hohe Kosten verursachen. Außerdem ist es oft schwierig, Wände aus solchen Materialen rückzubauen oder zu ersetzen. Preiswerte, nachhaltige und zukunftsfähige Alternativen sind daher dringend gesucht. Lehm kann eine derartige Alternative sein, denn er vereint mehrere Vorteile. Er hat einen geringen Primärenergiebedarf, ist regional verfügbar, vollständig recyclebar und seine poröse Oberfläche machen ihn zu einem optimalen Schallschutz. Darüber hinaus fällt er in großen Mengen als Aushubmaterial im Bahn- und Straßenbau an. Statt ihn aufwändig zu entsorgen kann er daher anderweitig genutzt werden.
Projektinhalt
Verschiedene Lehmbautechniken haben eine lange Tradition weltweit. Versuche Lehm für den Bau von Lärmschutzwänden zu verwenden sind allerdings rar und beschränkten sich bislang auf Konzepte für Autobahnen. Die wenigen Erfahrungen lassen sich jedoch nur zum Teil auf den Schienenverkehr übertragen, denn Lärmschutzwände für die Bahn weisen andere Anforderungen als Autobahnen auf. Dies betrifft nicht nur Materialeigenschaften und physikalische Wirkgrößen wie zum Beispiel die dynamische Belastungen durch Druck-Sog-Wirkungen, die Ermüdungswirksamkeit der Wände und Resonanzeffekte, sondern auch rechtliche Aspekte wie Bemessungsvorgaben, Normen und Richtlinien zu den akustischen Eigenschaften und Standsicherheit. Zu Lehm-Lärmschutzwände im Schienenverkehr wurde bislang wenig geforscht. Mit diesem Sondierungsprojekt soll sich das aber ändern.
Ziele
Maßnahmen, die zu einer nachhaltigeren Nutzung von Ressourcen führen, sind dringend geboten. Der Bahnsektor bildet hier keine Ausnahme und hat sich hohe Ziele gesetzt. Bis Ende 2040 möchte er vollständig klimaneutral sein. Um das erreichen, ist es notwendig, neue Wege zu beschreiten und in vielen Bereichen zu optimieren. Mehr Nachhaltigkeit bei der Produktion von Lärmschutzwänden zu erreichen, indem die konventionellen Baumaterialen durch Lehm ersetzt werden, ist übergeordnetes Ziel dieses Projekts. Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:
- Welche Lehmbautechniken eignen sich für Schallschutzwände (Wellerlehm, Stampflehm, Lehmziegel, Earthbags, Leichtlehm, Lehmverbundbaustoffe)?
- Gibt es ökologische Synergien in der Materialbeschaffung? Kann das Aushubmaterial Lehm, das oft entsorgt wird, als Baumaterial dienen?
- Welchen dynamischen Belastungen muss eine Lärmschutzwand standhalten?
- Wie gut funktioniert Lehm als Material für die Luftschalldämmung und Schallabsorption?
- Wie gut schneidet das Material in einer Life-Cycle-Analyse im Vergleich zu herkömmlichen Schallschutzwänden ab?
- Können Lehm-Schallschutzwände zum Erhalt der Biodiversität beitragen?
Methodik
Das Projektteam prüft verschiedenen Varianten des Baustoffs auf Beständigkeit gegen verschiedene Lasten und äußere Einflüsse. Das umfasst beispielsweise (dynamische) Belastungen, die durch vorbeifahrende Züge, durch Windeinwirkung, durch den Aufprall von Steinen oder infolge von Schneeräumungen entstehen. Des Weiteren untersuchen wir die Ökobilanz und die Lebenszykluskosten. Die Ökobilanz schließt den gesamten Material- und Energieverbrauch, die Prozessemissionen sowie das GWP (Global Warming Potential) ein. Die Auswirkungen auf die Biodiversität und das Potenzial vom Lehm als „natürliches“ Material, das sich gut in den Naturraum einfügt, erfahren ebenfalls große Berücksichtigung. Aus den Lebenszykluskosten lässt sich die Wirtschaftlichkeit von Lehm als Baumaterial für Lärmschutzwände ermitteln und seine Vor- und Nachteile im Vergleich zu konventionellen Materialen können klar dargestellt werden.
Ergebnis
Das Projekt ermöglicht den Projektbeteiligten eine Vorreiterrolle bei der Etablierung von nachhaltigen Lärmschutzwänden aus Lehm einzunehmen. Es werden Methoden der Herstellung verglichen und Tests durchgeführt, um die optimale Materialzusammensetzung zu ermitteln. Die Untersuchungen behalten das Gesamtsystem und das Zusammenspiel verschiedenster Faktoren im Blick und räumen Aspekten wie Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, und Umweltverträglichkeit einen großen Stellenwert ein. Insgesamt liefert das Projekt einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Mobilität der Zukunft – ist ein FTI-Programm des Bundesministeriums für Klimaschutz, das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft abgewickelt wird.
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Internationale Koordinatorin
Department Bahntechnologie und Mobilität
- TU Wien/Fachbereich Baugeschichte und Bauforschung
- Netzwerk Lehm