In Kooperation mit der sozialpsychiatrischen Einrichtung Brücke SH in Schleswig-Holstein sollen Netzwerke von Personen mit psychischen Belastungen qualitativ untersucht werden. Besonderer Fokus soll dabei auf die Veränderung der sozialen Netzwerke im Verlauf der Beratung und Betreuung in einer sozialpsychiatrischen Einrichtung gelegt werden. Ausgehend von empirischen Befunden, die einen Zusammenhang zwischen der Qualität sozialer Beziehungen und (psychischer) Gesundheit nahelegen, sollen die gewonnenen Erkenntnisse zur Entwicklung von netzwerkförderlichen und damit gesundheitsfördernden Interventionen beitragen.
Projektendbericht
Das Forschungsprojekt widmete sich der qualitativen Analyse von sozialen Beziehungen und sozialen Netzwerken von Nutzer*innen der beiden sozialpsychiatrischen Einrichtungen Brücke SH (Schleswig-Holstein, D) und der Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit (Steiermark, A). Das Vorhaben zu untersuchen, wie sich das soziale Beziehungsgefüge dieser Nutzer*innen im Verlauf der professionellen Betreuung verändert, konnte aufgrund der Restriktionen durch die COVID-19-Pandemie nicht umgesetzt werden. Basierend auf 47 Netzwerkinterviews und Netzwerkkarten, 40 schriftlichen Befragungen, sieben Expert*inneninterviews und drei Gruppendiskussionen konnten dennoch differenzierte Fragestellungen bearbeitet werden. Neben einer ausführlichen theoretischen Auseinandersetzung mit sozialen Netzwerken, sozialem Kapital, sozialer Unterstützung, sozialer Netzwerkforschung und Netzwerkdiagnostik bietet die Masterarbeit Erkenntnisse zu folgenden Themen:
Alexandra Katona beschreibt Strukturmerkmale der Netzwerke der befragten Nutzer*innen. Lisa Endelweber arbeitet heraus, entlang welcher Kriterien Nutzer*innen der Brücke und der GFSG zwischen „guten“ und „schwierigen, belastenden Beziehungen“ unterscheiden bzw. was aus ihrer Sicht eine „gute“ Beziehung ausmacht. Die Forscherin entwickelt außerdem Erkenntnisse über Kriterien für das Nähe-Distanz-Erleben der Nutzer*innen zu professionellen Fachkräften. Nell Heuer widmet sich der Zentralität von Netzwerken von Nutzer*innen der Brücke SH und deren Erleben von sog. starken und schwachen Beziehungen. Ihre Forschungsarbeit bringt Erkenntnisse über die Relevanz von finanziellen Ressourcen und Begegnungsorten für die Pflege schwacher Beziehungen, über die Ambivalenz starker Beziehungen sowie die Bedeutung von Marginalisierungserfahrungen für die Homogenisierung der sozialen Netzwerke von Individuen. Franziska Koller und Clara Winge bieten eine differenzierte Analyse empfangener und geleisteter sozialer Unterstützung. Sie entwickeln konsequent empirisch begründete Kategorien sozialer Unterstützung, die als Beitrag zur Theorieentwicklung dienen können. Katrin Krottenthaler und Tanja Rosenecker beschäftigen sich mit den freundschaftlichen und kollegialen Beziehungen der befragten Nutzer*innen. Sie stellen fest, dass u.a. Unterstützungsleistungen, physische Nähe und Reziprozität als wesentliche Kriterien für Freundschaft scheinen und kollegiale Beziehungen bspw. in Vereinen den Aus- und Aufbau sozialer Netzwerke befördern können. Frau Reiterer bietet mit ihrer präzisen und detaillierten Forschung einen Einblick in die vielschichtige Bedeutung von Haustieren für die Beziehungsgestaltung von Haustierbesitzer*innen. Darüber hinaus fokussiert sie Funktionen von Haustierbesitz, wie Tagesstruktur, Gesellschaft, Körperkontakt. Simon Seboth untersucht die Bedeutung von sozialen Medien für die Beziehungsgestaltung und die Verfügbarkeit von sozialer Unterstützung aus Perspektive der befragten Nutzer*innen. Stephanie Fohler legt u.a. dar, wie institutionelle und sozialräumliche Ressourcen von Nutzer*innen der Brücke SH genutzt werden, soziale Beziehungen herzustellen und aufrechtzuerhalten.