Hannah Arendt beschreibt Bürokratie als „die Herrschaft der Niemande und aus eben diesem Grund vielleicht die am wenigsten menschliche und grausamste Herrschaftsform“. Dieses Lehrforschungsprojekt widmet sich den Fragen, wie bürokratische Prozesse und Praktiken im Wohlfahrtsstaat soziale Ein- und Ausschlüsse strukturieren und welche Agency verschiedenen Akteur:innen zukommen. Das Projekt untersucht, wie bürokratische Mechanismen – als „unsichtbare Grenzen“ wirken und dadurch soziale Teilhabe regulieren. Im Fokus stehen die Wechselwirkungen zwischen Politik, institutionellen Strukturen, Praktiken und verschiedenen Akteur:innen. In den Blick genommen werden sollen sowohl die Perspektiven der Klient:innen (bspw. Menschen mit Armutserfahrung, Flucht*Migrationserfahrung oder Behinderungen) als auch institutioneller Akteur:innen und Sozialarbeiter:innen. Dabei interessieren uns u.a. die folgenden Fragen:
- Inwiefern können Verwaltungen als Orte interner Grenzziehungen verstanden werden?
- Wie erleben Betroffene Behördenkontakte?
- Wie verstehen Behördenmitarbeiter:innen u.a. ihre Arbeit? Welche Rolle kommt ihnen im Zuge der Umsetzung von Politiken, die die Zugänge zu Wohlfahrtsleistungen regeln, zu?
- Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit dabei?
- Welche Formen der Grenzüberwindung, des Widerstands und der Veränderung ergeben sich?
Um die Wirkweise bürokratischer Prozesse zu verstehen und Vorschläge für Veränderungen zu entwickeln, werden verschiedene methodische Ansätze (bspw. Ethnographie, Interviews, Diskursanalysen, Methoden der Aktionsforschung) verfolgt, die mit den Interessenslagen der Studierenden abgestimmt werden.
Das Projekt ermöglicht vertiefende Einblicke in bürokratische Strukturen und Dynamiken in Bezug auf verschiedene Handlungsfelder und Themen (wie Armut, Behinderung, Gesundheit), aber auch auf das eigene (professionelle, sozialarbeiterische) Handeln und die Entwicklung reflexiver und praxisnaher Ansätze fördern, um sozialen Ausschlüssen aktiv entgegenzuwirken.