Jugend-Arbeit-Lebenswelt

Methodisches Handeln im Feld der Jugendberufshilfe


Methodisches Handeln im Feld der Jugendberufshilfe


Erwerbsarbeit ist für Teilhabechancen, Identitätskonstruktionen, Lebensentwürfe und Biografien noch immer von wesentlicher Bedeutung. Junge Menschen mit Sonderschulabschluss oder mit einer Beurteilung nach sonderpädagogischem Förderbedarf sind besonders von Exklusion in der weiterführenden (Berufs-)Ausbildung betroffen. Finden diese nach Abschluss ihrer Schullaufbahn keinen nächsten Ausbildungsplatz, nehmen viele die Angebote von AusbildungsFit oder Qualifizierungsprojekten des NEBA-Netzwerk Berufliche Assistenz wahr.


Bislang besteht in Österreich kaum Wissen zur Situation von Jugendlichen nach Abschluss einer Sonderschule oder der Schule mit sonderpädagogischem Förderbedarf in diesen Angeboten. Deshalb wird in diesem Forschungsprojekt folgenden Fragen nachgegangen: "


  • Welche Themen beschäftigen Jugendliche nach Abschluss einer Sonderschule oder der Schullaufbahn mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Qualifizierungsprojekten und Einrichtungen von AusbildungsFit der niederösterreichischen Jugendberufshilfe im Kontext von Berufsausbildung und Berufsfindung?
  • Wie können partizipative Zugänge und soziale Gruppenarbeit im Feld der Jugendberufshilfe die Entwicklung von Empowerment Strategien befördern?

Um mit den Jugendlichen in ihren Lebenswelten zu forschen, werden die subjektiven Erfahrungen und Herausforderungen junger Menschen in den institutionellen Kontexten der niederösterreichischen Jugendberufshilfe mittels der Methode Photovoice (Wang & Burris, 1997) gemeinsam herausgearbeitet und in reflexiven Gruppenprozessen zusammen analysiert und ausgewertet.


Endbericht

In diesem Lehrforschungsprojekt wurde der Frage nachgegangen, welche Themen Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einem niederösterreichischen Qualifizierungsprojekt beschäftigen und wie Soziale Gruppenarbeit die Entwicklung von Empowerment Strategien befördern kann. Gemeinsam mit 15 Jugendlichen aus einem niederösterreichischen Qualifizierungsprojekt wurde drei Monate lang in einem partizipativen Prozess mit der Methode Photovoice zu diesem Thema gearbeitet und die Ergebnisse wurden gemeinsam mit den Jugendlichen bei der Projektevernissage präsentiert. Die Ergebnisse der PhotovoiceForschung sind in einem Video, mehreren Postern und einem Handout dargestellt. Entlang der PhotovoiceForschung entstanden differenzierte Fragestellungen, welchen die Studierenden in neun Bachelorarbeiten nachgegangen sind. Christina Altenburger beschäftigt sich mit der subjektiven Bedeutung von Erwerbsarbeit für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einem niederösterreichischen Qualifizierungsprojekt. Ihre Arbeit bietet Einblick, wie Erwerbsarbeit von ihnen erlebt wird. Folgende Faktoren von Erwerbsarbeit gehen aus der Forschung mit der Zielgruppe hervor: Ein positives Arbeitsklima durch Kommunikation und Unterstützung im Team und durch Vorgesetzte, das Erlernen von Sicherheit, das Erleben von Selbstwirksamkeit, Pflichtbewusstsein und Sinnhaftigkeit, die Aneignung von Wissen, berufliche Orientierung und die Überwindung persönlicher Grenzen. Patrick Frischmann widmet sich den Erfahrungen von Professionist*innen im Bereich der Berufsausbildungsassistenz. Dabei geht er der Frage nach wie gut sich die Professionist*innen auf die Bedarfe der Jugendlichen, mit welchen sie arbeiten, vorbereitet fühlen. Daniel Frühwirth untersucht das Erleben von Grenzen und Grenzerfahrungen von Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Kontext ihres Arbeitsalltags in einem niederösterreichischen Qualifizierungsprojekt. Er beschreibt unterschiedliche physische, psychische, soziale, schulische und familiäre Herausforderungen, die zu Grenzerfahrungen bei Jugendlichen führen. Daraus leitet er angewandte Bewältigungsstrategien zum Umgang mit diesen Herausforderungen ab: Eine gerechte Aufteilung von Arbeitsaufgaben, die Anpassung des Arbeitsumfeldes an momentane Bedürfnisse und die Kommunikation mit Betreuungspersonen. Nicole Göls setzt sich mit der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einem ostösterreichischen Handelskonzern auseinander. Dabei zeichnet sie entlang von drei Ebenen im Konzern bestehende Erfahrungen in der Ausbildung dieser Zielgruppe nach und legt anschließend die jeweiligen Bedarfe für Ausbildungsplätze aus der Sicht einer Standortleitung, einer Abteilungs- und Gebietsleitung und einer Personalleitung der gesamten Region, dar. Petra Kohlros zeigt in ihrer Bachelorarbeit konkrete Interventionsmöglichkeiten im Umgang mit gruppendynamischen Prozessen in der Sozialen Gruppenarbeit auf. Sie beschreibt Einflussfaktoren auf die Zusammenarbeit in diesen Gruppenprozessen, wie biografische Erfahrungen und unterschiedliche Kontextbedingungen. Isabella Peschel hat zur Bedeutung von Peerbeziehungen für Jugendliche in einem niederösterreichischen Qualifizierungsprojekt geforscht. Ihre Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die unterschiedlichen Beziehungsformen, in welchen positive und negative Qualitäten erlebt werden, eine soziale Ressource für die Jugendlichen darstellen. Die Forscherin leitet Faktoren, welche die Entstehung von Freundschaften zu beeinflussen scheinen und mögliche Entwicklungsverläufe von Freundschaften in diesen beforschten Peerbeziehungen, ab. Gerhard Posch hat sich mit Zukunftsvorstellungen und Berufswünschen von Jugendlichen in einem Qualifizierungsprojekt auseinandergesetzt. Die aktuelle Tätigkeit im Projekt, Spaß an der zukünftigen Tätigkeit, gesundheitliche Überlegungen und der Wunsch die eigenen Interessen verfolgen zu können, gehen als wesentliche Kriterien für die Berufswahl der Jugendlichen aus seiner Analyse hervor. Martina Schwarzmann befasst sich mit mitarbeitsfördernden und mitarbeitshemmenden Faktoren in der Sozialen Gruppenarbeit und stellt anschließend Möglichkeiten zur Workshopgestaltung in der Sozialen Gruppenarbeit mit Jugendlichen dar. Stella Ullmann bietet mit ihrer Forschung einen detaillierten Einblick in verschiedene Dimensionen des Selbstbilds von Jugendlichen in einem Qualifizierungsprojekt wie Aussehen, Fähigkeiten, Interessen, Eigenschaften und Verhalten. Anschließend erläutert sie präzise innere und äußere Einflussfaktoren zur eigenen Bewertung dieser Dimensionen durch die Jugendlichen.

Poster der Projektvernissage Winter 2023

Ergebnisvideo

Bachelorarbeiten

Altenburger, Christina (2023): Erwerbsarbeit – Abenteuer oder Pflicht für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf? Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Frischmann, Patrick (2023): Zwischen Herausforderung und Erfüllung „Das Empfinden von Professionist*innen der Jugendberufshilfe in der Arbeit mit Jugendlichen". Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Frühwirth, Daniel (2023): Wenn Herausforderungen zu Grenzerfahrungen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Göls, Nicole (2023): Forcierung von Ausbildungsplätzen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Unterstützungsmöglichkeiten für Personalverantwortliche durch Sozialarbeiter*innen. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Kohlros, Petra (2023): Interventionsmöglichkeiten von Gruppenleiter*innen in Bezug auf gruppendynamische Phänomene. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Peschel, Isabella (2023): Die subjektive Bedeutung von Peerbeziehungen im Kontext der niederösterreichischen Jugendberufshilfe. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Posch, Gerhard (2023): Photovoice: Zukunftsvorstellungen & Berufswünsche bei Jugendlichen mit Förderbedarf. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Schwarzmann, Martina (2023): Die Workshopgestaltung in der sozialen Gruppenarbeit für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Ullmann, Stella (2023): „nobody is perfect“ - Das Selbstbild von Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Kontext der niederösterreichischen Jugendberufshilfe. Bachelorarbeit, St. Pölten. 

Laufzeit
31.08.2022 – 29.06.2023
Projektstatus
abgeschlossen
Beteiligte Institute, Gruppen und Zentren
Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung