Nationale Reserve zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung in Krisen.
Hintergrund
In modernen Volkswirtschaften ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln ein komplexes Unterfangen. Nicht nur die Verflechtungen in den Lieferketten selbst, sondern auch die fortschrittlichen Methoden der Logistik (z.B. Just-in-Time Logistik) und der Einsatz von digitalen Technologien tragen zu der hohen Komplexität bei. Die daraus entstehenden hohen Vernetzungsgrade und die wechselseitigen Abhängigkeiten machen solche Systeme störanfällig, vor allem in Krisenzeiten. Zwar haben sich die Lebensmittelversorgungssysteme in Österreich – vor allem wegen der ausreichenden Kapazitäten, den Bedarf an Grundnahrungsmitteln selbst zu decken – in der Covid-19-Krise als widerstandsfähig erwiesen, doch das bedeutet nicht automatisch, dass es sich in anderen Notsituationen ebenso verhält.
Projektinhalt
Um die Krisenfestigkeit der österreichischen Gesellschaft zu erhöhen, sind sowohl Privatpersonen als auch öffentliche und private Organisationen dazu angehalten, Notvorräte anzulegen. Es zeigt sich jedoch, dass nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Bevölkerung dieser Aufforderung in ausreichendem Maße nachkommt. Noch schwerer wiegt, dass viele Organisationen, die im Notfall Leistungen erbringen sollten, ebenfalls über unzureichend große Notvorräte verfügen. Gründe dafür sind die Ungewissheit, ob und wann Krisensituationen eintreten, die Kosten, die mit einer Vorratshaltung einhergehen, und Erwartungshaltungen gegenüber dem Staat, von dem angenommen wird, dass er in Krisenfällen unterstützen kann.
Um sich gegen Ausfälle in der Lebensmittelversorgung zu wappnen, halten zahlreiche Länder – in der EU sind es zumindest sieben Mitgliedstaaten – strategische Reserven an Lebensmitteln. In Deutschland ist beispielsweise vorgeschrieben, dass Lagerkapazitäten für Getreide, Reis und Hülsenfrüchte für einen Zeitraum von 10 Jahren bereitzustellen sind. Die Schweiz hat eine Liste erstellt, die die Mengen und Arten von Lebens- und Futtermitteln festlegt, die gelagert werden müssen. Zudem werden Unternehmen verpflichtet, solche Vorräte zu halten. Die damit verbundenen Kosten dürfen sie auf die Preise aufschlagen. Angesichts dessen und der jüngsten Krisen sollte Österreich diesen Beispielen folgen und ebenfalls eine umfassende Strategie zur Vorratshaltung von Lebensmitteln und Betriebsmitteln entwickeln.
Ziel
Wie soll eine österreichische Reserve zur Versorgung der Bevölkerung mit sicheren und gesunden Lebensmitteln in Krisenzeiten aussehen und welche Maßnahmen wären dafür zu ergreifen? Um diese Frage zu beantworten, schaffen wir eine Wissensbasis, die für informierte Entscheidungen herangezogen werden kann. Folgende Daten und Informationen soll diese Wissensbasis enthalten:
- Menge und Art der Lebensmittel, die aktuell in Österreich konsumiert werden.
- Informationen über die im Normalfall üblichen Lieferketten (regional, global, etc.), um die pro Produktkategorie gewählten Leitprodukte bereitzustellen.
- Erhebung der Mengen an Betriebsmitteln, die in Österreich für die Erzeugung von Lebensmitteln erforderlich sind.
- Informationen zu Krisenszenarien (Art der Krise, Dauer der Krise, die betroffenen geografischen Gebiete, Auswirkungen auf Lieferketten, etc.).
- Darstellung der Art und Mengen an Lebens- und Betriebsmitteln, bei denen Engpässe oder Ausfälle zu befürchten sind, und Informationen darüber, wie nicht lagerfähige Produkte ersetzt werden können.
- Bereitstellung eines Tools, mit dem die Menge und Art der relevanten Lebensmittel bei sich ändernden Rahmenbedingungen (z. B. Bevölkerungszahl, Anteil der Bevölkerung mit besonderen Ernährungsformen) abgeschätzt werden kann.
- Durchführung von Fallstudien, um die im Projekt erarbeiteten Erkenntnisse zu validieren.
Methodik
Wir nehmen uns andere Länder, die bereits über strategische Reserven verfügen oder Pläne dafür erstellt haben, als Vorbild und tragen einschlägige Informationen zusammen (z. B. gelagerte Produktarten, Kosten der Lagerhaltung, Menge des Abfallanfalls, Standorte der Lager, Pläne für die Verteilung im Krisenfall etc.). Außerdem erfassen wir den Lebensmittelbedarf in Österreich zielgruppenspezifisch. Wir analysieren die Lieferketten relevanter Lebensmittel und erheben die nötigen Betriebsmittel und den Energiebedarf. In einer Risikobewertung erfassen wir den Einfluss verschiedener Krisenszenarien (Art der Krise und deren Zeithorizonte etc.) und welche Lagerkapazitäten sie erfordern. Für die Lagerhaltung betrachten und bewerten wir Möglichkeiten der Lagerorganisation, geeignete Geschäftsmodelle und berücksichtigen geografische Faktoren. Unsere Methoden umfassen Literaturrecherchen, Experten*inneninterviews und SWOT-Analysen. Wir visualisieren Lieferketten, entwerfen verschiedenen Szenarien und prüfen die gewonnenen Erkenntnisse anhand von Fallstudien auf ihre Nützlichkeit.
Ergebnis
Starke globale Verflechtungen in den Lieferketten von Lebensmitteln erhöhen ihre Anfälligkeit für Krisen. Um dem zu begegnen und eine Grundversorgung sicherzustellen, empfiehlt es sich staatliche Lebensmittelvorräte anzulegen. In dem vorliegenden Projekt analysieren wir bewährte Ansätze für nationale Reserven aus anderen Ländern und erstellen darauf aufbauend eine Informationsbasis, die dabei unterstützt, sinnvolle Maßnahmen zur Krisenbevorratung von Lebensmitteln in Österreich auf den Weg zu bringen.
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Department Bahntechnologie und Mobilität
- Interdisziplinäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ) (lead)
- Consistix GmbH
- Forschungsinstitut für biologischen Landbau Österreich (FiBL)
- Johannes Pöcklhofer
- Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer