SPUR

Sozialräumliche Rahmenbedingungen für inklusive Wohnformen für Menschen mit psychischen Krankheitserfahrungen in ländlichen und kleinstädtischen Räumen Niederösterreichs

Hintergrund

Ein wachsende Anzahl an Forschungsarbeiten belegt, dass die Umgebung (die natürliche wie die künstliche), in der Menschen leben, einen Einfluss auf ihre psychische Gesundheit hat. Das legt nahe, dass Menschen, die mit komplexen psychischen Problemen zu kämpfen haben, sich wohler fühlen und größere Fortschritte in der Genesung zeigen, wenn ihre Wohnumgebungen ihren spezifischen Bedürfnissen entgegenkommen. 
In Österreich und in angrenzenden Regionen gibt es eine Fülle unterschiedlicher gemeinschaftlicher Wohnformen, die auf die Bedürfnisse von älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen, Asylsuchenden, Flüchtlingen und Menschen mit (Zwangs-)Migrationshintergrund zugeschnitten sind und zu deren Inklusion beitragen. Nur wenige Initiativen allerdings richten den Fokus auf die Bedürfnisse von Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen.

Projektinhalt 

In dem Projekt SPUR arbeiten drei niederösterreichische Hochschulen (UWK, BSU, FHSTP), die über eine Expertise in der Transformation von Politiken und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, alternativen Organisations- und Unternehmensmodellen, Sozialarbeit, Inklusion und partizipativen Prozessen, Raumplanung und Armutsbekämpfung verfügen, mit der PSZ gGmbH – einem lokalen gemeinnützigen Dienstleistungsanbieter für Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen – zusammen. Gemeinsam untersuchen sie, welche sozialräumlichen Rahmenbedingungen es braucht, damit Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen in ländlichen und kleinstädtischen Gebieten Niederösterreichs ein selbstbestimmtes Leben führen können und soziale Inklusion erfahren. SPUR wendet unterschiedliche qualitative Forschungsmethoden an, um strukturelle Faktoren zu identifizieren, welche die Lebenssituation von Menschen mit komplexen psychischen Erkrankungen bestimmen und ihre Bewältigungsstrategien und -kapazitäten beeinflussen. Die Rahmenbedingungen, die zum Gelingen von gemeinschaftlichen Wohnprojekten beitragen sowie die regionalen Gegebenheiten und die unterschiedlichen Strukturen der institutionellen Sozialleistungsträger stehen im Zentrum der Untersuchungen.

Ziele

Die Hauptziele des Projekts sind:

  • relevante sozialräumliche Informationen über Gesundheits- und Versorgungssysteme, Bevölkerungsströme und Demographie, Wohnkosten, Verfügbarkeit von Einkaufmöglichkeiten und lokales bürgerschaftliches Engagement in den ländlichen und halb-ländlichen Bezirken Niederösterreichs zu erheben und kategorisieren.
  • die aktuelle Wohnsituation von Menschen, ihre persönliche Wohngeschichte (biografische Daten) sowie ihre Wünsche und Bedürfnisse zu ihrer Wohnsituation und zu Verbesserungen ihres Gesundheitszustandes über Interviews und unter Anwendung der Photo-Voice Methode zu eruieren.
  • gemeinschaftliche Wohnprojekte, die einen Schwerpunkt auf die Beteiligung von Bewohner*innen und Interessengruppen  und die Förderung des sozialen Zusammenhalt legen (mit einem Fokus auf Wohn- und Pflegearrangements, Transferleistungen, Angebote zur Unterstützung usw.) zu untersuchen und analysieren.
  • zu ermitteln, welche Anforderungen integrative Wohnprojekte für Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen in den ländlichen und kleinstädtischen Gebieten Niederösterreichs erfüllen müssen.
  • die gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten in konkrete Szenarien für inklusive Wohnprojekte zu überführen.

Methoden

SPUR wendet verschiedene qualitative und partizipative Forschungsmethoden an, um jene sozialräumliche Faktoren zu ermitteln, welche die Entstehung, den Verlauf und den Genesungsprozess von psychischen Erkrankungen beeinflussen. Orte mit bereits existierenden gemeinschaftlichen Wohninitiativen werden besucht, um sich ein Bild darüber zu machen, wie Betreuungs- und Wohnarrangements in der Praxis aussehen und wie inklusive Wohnprojekte in halb-ländlichen und ländlichen Regionen Niederösterreichs verwirklicht werden. Eine tragende Säule des SPUR-Projektes ist der Stakeholder-Prozess. Dieser baut in erster Linie auf die Erfahrungen und Beiträge von Citizen Scientists (siehe unten), und bezieht Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen, ihre Familienangehörigen, verschiedene Zielgruppen wie Gemeindevertreter*innen, Bürgermeister*innen, Verwalter*innen, Wohnungsgenossenschaften ein. Diese Gruppe an beteiligten Personen ist aufgerufen in wichtigen Phasen des Projektes Feedback zu geben und aktiv Beiträge zu leisten. Basierend auf dem Konzept der transdisziplinären Szenarienplanung werden hinderliche und förderliche Bedingungen für integrative Wohnformen identifiziert, Ideen für künftige Wohnformen entwickelt und Möglichkeiten der Umsetzung erkundet. 


Ein breites Spektrum an Personen mit unterschiedlichen Hintergründen arbeitet am Projekt mit. Erfahrungsexpert*innen zu psychischer Gesundheit, (Menschen, die eine psychische Erkrankung erlebt und durchlebt haben) haben dabei eine zentrale Rolle und sind in den gesamten Forschungsprozess involviert. Sie stellen die Gruppe der Core Citizen Scientists. Citizen Scientists hingegen sind interessierte Bürger*innen, die lediglich punktuell am Forschungsprozess teilhaben. Diese Gruppe umfasst Betroffene und ihre Angehörigen, Mitarbeiter*innen sozialer und medizinischer Dienste, Expert*innen und Stakeholder aus lokalen Gemeinden, der Politik, der Verwaltung und dem gemeinnützigem Wohnbau. Die PSZ gGmbh ist in alle Projektphasen eingebunden.

Ergebnisse

SPUR ermittelt welche räumlichen Rahmenbedingungen es braucht, damit integratives Wohnen für Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen in ländlichen und kleinstädtischen Gebieten möglich wird. Außerdem wird der Stand der Forschung auf dem Gebiet des gemeinschaftlichen Wohnens erweitert, da soziale Eingliederungsmerkmale von Menschen mit psychischen Problemen als Bewohner*innen solcher Wohnformen identifiziert werden. SPUR wirkt auf mehreren Ebenen:

  • Auf individueller Ebene schafft es Klarheit darüber, was Wohnen für Menschen mit komplexen psychischen Bedürfnissen bedeutet und was es braucht, um ihnen das Leben zu erleichtern.
  • Auf organisatorischer Ebene hilft es Anbieter*innen sozialer Dienstleistungen ihre Unterstützungs- und Betreuungskonzepte zu verbessern. Die Lebensqualität von Menschen mit komplexen Gesundheitsbedürfnissen wird gesteigert, ein Schritt in Richtung Entstigmatisierung gesetzt und Genesungsprozesse werden gefördert.
  • Auf regionaler Ebene macht das Projekt politische Entscheidungsträger*innen, Wohnungsbaugesellschaften, soziale Einrichtungen und Organisationen der Zivilgesellschaft auf die Wohnbedürfnisse von Menschen mit komplexen psychischen Problemen aufmerksam. Es wird ein besseres Verständnis erreicht und der Übergang zu integrativeren Wohn- und Versorgungsstrukturen in die richtigen Bahnen gelenkt.
  • Auf sozialpolitischer Ebene leistet SPUR ebenfalls einen Beitrag, weil Akteur*innen und Expert*innen aus der Praxis sich am Projekt beteiligen. Darüber hinaus werden die Zielgruppen und die interessierte Öffentlichkeit regelmäßig über verschiedene Informationskanäle am laufenden gehalten.

Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach!

FH-Dozentin
Department Soziales
Arbeitsplatz: B - Campus-Platz 1
M: +43/676/847 228 554
Externe Projektleitung
Tania Berger (UWK)
Oliver König (BSU)
Richard Lang (BSU)
MitarbeiterInnen
Externe MitarbeiterInnen
Elisabeth Huber (Projektmitarbeiterin UWK)
Christopher Tupy (Erfahrungsexperte, Co-Forscher UWK)
Tim Brunöhler (Projektmitarbeiter BSU)
Henriette Gschwendtner (Erfahrungsexpertin, Co-Forscherin BSU)
Elisabeth Gundendorfer (Kooperationspartnerin aus Psychosoziale Zentren gGmbH)
David Neugschwentner (Erfahrungsexperte, Co-Forscher)
PartnerInnen
  • Universität für Weiterbildung Krems/UWK (Lead)
  • Bertha von Suttner Privatuniversität/BSU
  • Psychosoziale Zentren gGmbH
Finanzierung
GFF (FTI-Projekte: Grundlagenforschung - Gesellschaftlicher Zusammenhalt im Wandel)
Laufzeit
02.02.2023 – 01.02.2026
Projektstatus
laufend
Beteiligte Institute, Gruppen und Zentren
Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung