TransSoDia - Kooperative Soziale Diagnostik transnational und digital lehren und lernen

Weiterentwicklung von bewährten Methoden der Sozialen Arbeit für die transnationale Lehre an mehreren Hochschulen.

Hintergrund

Soziale Arbeit ist eine Profession und Disziplin, die sich der gesellschaftlichen Inklusion und sozialen Integration von Personen in Notlagen widmet. Ihre Schwerpunkte liegen in der Arbeit mit armutsbetroffenen und -gefährdeten Menschen, mit straffälligen, mit suchtmittelabhängen, mit chronisch und/oder psychisch kranken Personen, mit gefährdeten Kindern und Jugendlichen, mit Menschen mit Behinderungen, etc. Soziale Arbeit macht sich außerdem für die Bekämpfung von Armut, für die Förderung des Wohlergehens von Menschen und für soziale Gerechtigkeit stark. Dabei verpflichtet sie sich demokratischen Grundwerten und Menschenrechten.

In der Einzelfallarbeit schätzen Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen die subjektive Lebenslage und Lebenssituation ihrer Klient*innen ein, um passgenaue Unterstützungen zu planen und zu gestalten.  

In dem Projekt TransSoDia kooperieren drei Hochschulen aus den Niederlanden, Deutschland und Österreich, um Studierende und Praktiker*innen der Sozialen Arbeit in deren diagnostischen Kompetenzen zu stärken.

Die Zusammenarbeit zielt auf die fachliche Weiterentwicklung von Instrumenten der kooperativen Sozialen Diagnostik sowie auf die Entwicklung innovativer didaktischer Ansätze ab.

Die Kooperationspartnerschaft wird durch das EU-Programm Erasmus+ gefördert.

Ausgangslage

Soziale Diagnostik ist integraler Bestandteil der Curricula der Studiengänge Soziale Arbeit und Sozialpädagogik an den drei Partnerhochschulen. Gemeinsam ist den Hochschulen, dass sie Wissen und Kompetenzen zu Instrumenten der kooperativen Diagnostik und insbesondere die Egozentrierte Netzwerkkarte und den Biografische Zeitbalken lehren, die an der FH St. Pölten entwickelt wurden. Die zu Projektbeginn bestehenden technischen Lösungen der Verfahren, easyNWK und easyBiograph, waren nicht mehr zeitgemäß und erforderten umfassende Weiterentwicklungen in den Eingabemöglichkeiten, den Visualisierungsoptionen und den Auswertungsfunktionen. Die Kooperationspartnerschaft TransSoDia nahm sich diesen Herausforderungen an, um die Instrumente praxisorientiert und möglichst anwendungsfreundlich zu gestalten.

Projektziele und -methoden

Das Projekt verfolgte und erreichte drei Hauptziele:

  1. Die fachlichen Grundlagen der Diagnostik im Kontext der Sozialen Arbeit wurden erweitert und als multimediale Informations- und Lernmaterialien in Form von Toolkits zur biografischen Diagnostik und Netzwerkdiagnostik bereitgestellt.
  2. Zeitgemäße, webbasierte Softwarelösungen für die digitale Anwendung der Netzwerkkarte und des Biografischen Zeitbalkens wurden zur Verfügung gestellt. 
  3. Gemeinsam wurden didaktische Designs und Formate für die transnationale und digitale grundständige Hochschullehre sowie für die hochschulische Weiterbildung entwickelt.     

Zur Erreichung dieser Ziele diente zum einen der fachliche Austausch der Projektpartner*innen über die Lehre der Sozialen Diagnostik sowie die jeweils zugrunde liegenden theoretischen Bezüge, Anwendungserfahrungen und empirischen Erkenntnisse. Zum anderen erfolgte ein enger Austausch mit Studierenden und Praktiker*innen, um die Anforderungen an kooperative Instrumente zu erheben und zu spezifizieren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Medieninformatiker*innen sollte gewährleisten, dass die Software-Lösungen den fachlichen und technischen Anforderungen entsprachen und für die spezifischen Bedarfe von Anwender*innen und Studierenden erweitert wurden.

In einem iterativen Prozess testeten Lehrende, Studierende und Fachkräfte die Prototypen der Software und der Toolkits. Die Erkenntnisse aus dieser Evaluation flossen in die Weiterentwicklung der Materialien ein, bis schließlich fachgerechte, zeitgemäße und anwendungsfreundliche Instrumente und Informationsmaterialien vorgelegt werden konnten.

Ergebnisse

Im Rahmen des Projektes wurden zahlreiche Materialien entwickelt, um Lehrende, Studierende und Praktiker*innen der Sozialen Arbeit in ihrem Wissens- und Kompetenzerwerb im Bereich der Netzwerkdiagnostik und biografischen Diagnostik zu unterstützen. Neben den WebApps easyNWK und easyBiograph wurden Handbücher, Artikel, Videos und Podcasts zu Netzwerkdiagnostik und Biografischer Diagnostik auf den Websites www.easynwk.com und www.easybiograph.com der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 

Die Partnerhochschulen streben eine nachhaltige Verankerung der Lehre der weiterentwickelten Konzepte und Instrumente in ihren Curricula an. Dazu wurden ergänzende Materialien für Vorlesungen und Anwendungsübungen sowie Konzepte für Weiterbildungsangebote bereitgestellt.

Im letzten Projektjahr wurden die Ergebnisse auf transnationalen Veranstaltungen und Fachtagungen präsentiert. Eine englische Übersetzung der Berichte, Kurzmanuale und Softwarelösungen soll die Ergebnisse auch international nutzbar machen.

Im Folgenden findet sich eine Aufstellung der entwickelten Produkte entlang von Produktformaten.

Web Apps:

  • EasyNWK - Software zur Erstellung digitaler Netzwerkkarten, Web App. Mit der Egozentrierten Netzwerkkarte werden Beziehungen zu Familienangehörigen, Freund*innen/Bekannten, Kolleg*innen und professionellen Helfer*innen erfasst. Die kooperative Visualisierung und Analyse der Netzwerkstruktur und der Potenziale der erreichbaren sozialen Unterstützung sind Ausgangsbasis für inklusions- und gesundheitsfördernde Interventionen. Die Software easyNWK zur Erstellung und Analyse von egozentrierten Netzwerkkarten wurde im Rahmen des Projekts TransSoDia entsprechend den Anforderungen aus Praxis und Forschung weiterentwickelt und um zielgruppenorientierte Variationen ergänzt.
  • EasyNWK Benutzungshandbuch (PDF). Das Benutzungshandbuch zur Software easyNWK 2.0.4 bietet eine detaillierte Anleitung zur Nutzung der WebApp. Es enthält Informationen zum Zugriff, zur Erstellung und Bearbeitung von Netzwerkkarten, zu Speicher- und Exportfunktionen sowie zu Datenschutzaspekten. Darüber hinaus werden Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Sozialen Diagnostik beschrieben.
  • EasyBiograph - Software zur Erstellung biografischer Zeitbalken, Web App. Im Biographischen Zeitbalken wird die Realbiografie einer Person als mehrdimensionales Geschehen verstanden. Ausgehend von einem biographischen Interview werden die gelebte Familien-, Wohn-, Bildungs-, Arbeits-, Gesundheits- und Hilfebiografie von Klient*innen entlang von Zeitachsen notiert. Die kooperative Analyse ermöglicht eine zielgerichtete Interventionsplanung, die individuelle Bewältigungsstrategien anerkennt und fördert. Mit dem neuen easyBiograph wurde eine neue, zeitgemäße und webbasierte Softwarelösung für die mehrdimensionale Visualisierung von Lebensereignissen und -phasen geschaffen.
  • EasyBiograph Benutzungshandbuch (PDF). Das Benutzungshandbuch zur Software easyBiograph 2.2 bietet eine umfassende Anleitung zur Erstellung und Bearbeitung biografischer Zeitbalken. Es enthält detaillierte Informationen zur Eingabe von Zeitpunkten und Zeiträumen sowie zu Anpassungs- und Darstellungsoptionen, wie Zoomfunktionen, 5-Jahres-Linien und Farbmodi. Darüber hinaus werden Speicheroptionen, Datenschutz und Aspekte der Datensicherheit erläutert.

Videos:

Die Videoreihe vermittelt auf leicht verständliche Weise Grundlagenwissen zu Ansätzen Methoden und Prinzipien der Sozialen Diagnostik im Allgemeinen und zur Erkundung und Einschätzung von egozentrierten Netzwerken und subjektiven Biografien im Speziellen. Die Videos richten sich insbesondere an Studierende und Fachkräfte der Sozialen Arbeit.

Podcast-Gespräche:

Die Podcastreihe beleuchtet kontroversiell diskutierte Sichtweisen auf die Diagnostik in der Sozialen Arbeit. Die Gespräche mit Expert*innen geben einen Einblick in den Fachdiskurs und aktuellen Stand theoretischer Grundlagen und Konzepte. Die Podcasts sind auf YouTube und Spotify verfügbar und richten sich an Studierende, Fachkräfte und Lehrende der Sozialen Arbeit, die die Sichtweisen namhafter Expert*innen kennenlernen möchten.

Wissenschaftliche Texte zu Netzwerkdiagnostik und Biografischer Diagnostik:

  • Egozentrierte Netzwerkkarte. Grundlagen und Anwendungsleitfaden. (PDF), Handbuch. Die egozentrierte Netzwerkkarte dient der Visualisierung und Analyse der sozialen Beziehungen einer Person und wird im Kontext der Sozialen Arbeit zur Unterstützung der Netzwerkdiagnostik eingesetzt. Das vorliegende Handbuch bietet eine ausführliche Einführung in die begrifflichen und theoretischen Grundlagen der egozentrierten Netzwerkkarte, erläutert die Grundstruktur der Netzwerkkarte und gibt praktische Hinweise zur Interviewführung und Auswertung der Netzwerkkarten. Einblicke in empirische Befunde bieten Orientierung für die fachliche Einschätzung der Strukturen und Qualitäten von egozentrierten Netzwerken und für die kooprative Planung von sozialer Unterstützung.
  • Biografische Diagnostik. Handbuch zur kooperativen Diagnostik von Lebensläufen und Biografien in der Sozialen Arbeit. (PDF), Text. Das vorliegende Handbuch soll als Einführung in das Begriffsverständnis und die theoretischen Grundlagen der Biografischen Diagnostik dienen und einen Überblick über gängige Verfahren und Instrumente geben. Zunächst wird auf der Basis von soziologischen Befunden geklärt, was unter Biografie, alltäglicher Biografiearbeit und Biografischer Diagnostik zu verstehen ist und wozu letztere dient. Darauf aufbauend wird dargestellt, dass „Biografie“ ein Konstrukt der Moderne ist und mit welchen biografischen Anforderungen Menschen heute konfrontiert sind. Die Soziale Arbeit befasst sich seit ihren Anfängen mit biografischen Fragen, was ein Blick auf die Perspektiven ausgewählter Pionier:innen der Sozialen Arbeit veranschaulichen soll. Schließlich widmet sich das Handbuch Konzepten und Verfahren der biografischen Diagnostik, die in der Sozialen Arbeit verbreitet sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem biografisch-narrativen Interview und dem biografischen Zeitbalken, da diese in allen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit eingesetzt werden können.
  • Instrumente der egozentrierten Netzwerkdiagnostik. Instrumente zur Visualisierung und Analyse von sozialen Beziehungen einer Person. (PDF), Text. Diese Publikation stellt verschiedene Instrumente zur Visualisierung und Analyse sozialer Beziehungen vor, die in der sozialen Diagnostik eingesetzt werden. Sieben zentrale Instrumente werden hinsichtlich ihrer Zielsetzungen und Anwendungsmöglichkeiten beschrieben: das "Soziale Atom", Soziogramme und Ökogramme, die Eco-Map, das Soziale Netzwerk Inventar (SNI), das Netzwerkschema, die VIP-Karte und die Soziale Unterstützungsnetzwerkkarte (SSNM).
  • Effekte der Person-Umfeld-Beziehungen. Synopse aktueller relevanter Erkenntnisse aus der Erforschung egozentrierter Netzwerke für die Soziale Arbeit. (PDF), Text. Das vorliegende Review stellt aktuelle Erkenntnisse aus der empirischen Forschung zu Zusammenhängen von Unterstützungsnetzwerken und psychosozialer Gesundheit, Persönlichkeit, beruflichem Erfolg und Armut vor und liefert damit Hinweise, worauf der diagnostische Blick in der Sozialen Arbeit gerichtet werden kann.
  • Literatur zu Netzwerkdiagnostik. Kommentierte Literaturempfehlungen für Lehrveranstaltungen und Seminare zu Netzwerkdiagnostik. (PDF), Text. Das Dokument soll Lehrenden und Studierenden einen Überblick über wichtige Literatur  zu theoretischen Hintergründen, empirischen Befunden und methodischen Ansätzen der Netzwerkarbeit bieten.Die Zusammenstellung umfasst prägnante Hinweise zu Texten zur Sozialen Netzwerkanalyse und zu verschiedenen Instrumente der Netzwerkdiagnostik. Relevante Forschungsarbeiten zu typischen Strukturen egozentrierter Netzwerke und den Zusammenhängen zwischen Unterstützungsnetzwerken, sozialer und gesundheitlicher Ungleichheit werden vorgestellt. Darüber hinaus werden einflussreiche Arbeiten der Netzwerktheorie und -forschung gelistet.
  • Kommentierte Literaturliste zu Biografischer Diagnostik. Empfohlene Literatur für Lehrveranstaltungen und Seminare. (PDF), Text. Die kommentierte Literaturliste zur Biografischen Diagnostik ist speziell für Lehrveranstaltungen und Seminare konzipiert. Sie bietet ausführliche Beschreibungen und Bewertungen zentraler wissenschaftlicher Arbeiten und Artikel, die sich mit Biografieforschung, narrativer Identität und sozial(pädagogisch)er Diagnostik befassen. Ergänzt durch Hinweise zu theoretischen Konzepten, methodischen Ansätzen und praktischen Anwendungsbeispielen dient das Dokument als fundierte Orientierung für Studierende, Forschende und Praktiker*innen der Sozialen Arbeit.

Weitere unveröffentlichte Ergebnisse:

  • Schriftlicher Vergleich der Verankerung der Lehre von Sozialer Diagnostik in den drei Partnerhochschulen
  • Sammlung von Übungsanleitungen zum Wissens- und Kompetenzerwerb in der grundständigen Lehre und hochschulischen Weiterbildungen
  • Kooperativ entwickelter Foliensatz zu Grundlagen der Diagnostik in der Sozialen Arbeit, zu Netzwerkdiagnostik und zu biografischer Diagnostik
  • Konzepte für transnationale Weiterbildungsangebote (Microcredentials) 

Umfrage zur Praxisrelevanz der entwickelten Produkte

Um den praktischen Nutzen der im Projekt entwickelten Softwarelösungen und Lernmaterialien zu bewerten, freuen wir uns Ihre über Ihre Teilnahme an einer Umfrage: LINK

Die Teilnahme an dieser Evaluation unserer Ergebnisse ist bis Februar 2025 möglich.

Einladung Webinar am 30.01.2025

Wir laden Sie herzlich zu einem internationalen Webinar ein, das die Ergebnisse des transnationalen Projekts TransSoDia präsentiert und zum Erfahrungsaustausch über die Lehre von Sozialer Diagnostik einlädt.

Datum: Donnerstag, 30. Januar 2025

Zeit: 09:00-13:00 Uhr (MEZ)

Ort: Online über ZOOM (Zugangsdaten werden nach Anmeldung bereitgestellt)

Das Webinar bietet

  • Einblicke in die Projektergebnisse: Software-Lösungen (easyNWK, easyBiograph) und Inhalte der Toolkits
  • Good Practices: Austausch über Erfahrungen mit der Lehre sozialer Diagnostik und bewährte Lehr- und Lernformate.

Zielgruppe: Lehrende, Forschende und interessierte Fachkräfte der Sozialen Arbeit aus dem deutschsprachigen Raum.

Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung bis Freitag, 17. Januar 2025 per E-Mail an: christina.engel-unterberger@fhstp.ac.at

Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach!

FH-Dozentin
Department Soziales
Arbeitsplatz: B - Campus-Platz 1
M: +43/676/847 228 558
Externe MitarbeiterInnen
Markus Gerl
PartnerInnen
  • Prof. Dr. phil. habil. Joseph Richter-Mackenstein, Fachhochschule Kiel [Deutschland]
  • Christian Schwital, Stichting Saxion [Niederlande]
Finanzierung
EU (Erasmus+)
Laufzeit
01.04.2022 – 31.03.2025
Projektstatus
laufend
Beteiligte Institute, Gruppen und Zentren
Forschungsgruppe Media Computing
Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung
Institut für Creative\Media/Technologies