TransSoDia - Kooperative Soziale Diagnostik transnational und digital lehren und lernen

Weiterentwicklung von bewährten Methoden der Sozialen Arbeit für die transnationale Lehre an mehreren Hochschulen.

Hintergrund

Soziale Arbeit ist eine Profession und Disziplin, die sich der Bekämpfung von Armut, der Förderung des Wohlergehens von Menschen und sozialer Gerechtigkeit verschreibt. Soziale Arbeit widmet sich der sozialen Integration in Lebenswelten und der gesellschaftlichen Inklusion benachteiligter Personengruppen. Sie verpflichtet sich demokratischen Grundwerten und Menschenrechten. Ihre Schwerpunkte liegen in der Arbeit mit armutsbetroffenen und -gefährdeten, mit straffälligen, mit suchtmittelabhängen, mit chronisch und/oder psychisch kranken Menschen, mit gefährdeten Kindern und Jugendlichen, mit Menschen mit Behinderungen, etc.
In dem Projekt TransSoDia intensivieren drei Hochschulen aus Österreich, den Niederlanden (Saxion Hochschule, vertreten durch Christian Schwital) und Deutschland (Fachhochschule Kiel, vertreten durch Prof. Dr. phil. habil. Joseph Richter-Mackenstein) ihre Kooperation, um Studierende und Praktiker*innen der Sozialen Arbeit in ihren diagnostischen Kompetenzen zu stärken. Die Projektpartner*innen widmen sich der fachlich-inhaltlichen Weiterentwicklung von Instrumenten der kooperativen Sozialen Diagnostik sowie innovativer didaktischer Methoden, um diese zu vermitteln.

Ausgangslage

Ausgangspunkt für das Projekts sind zwei Instrumente der kooperativen Sozialen Diagnostik, die an der FH St. Pölten entwickelt wurden:

  • Mit der Egozentrierten Netzwerkkarte in der Version von Peter Pantuček-Eisenbacher werden Beziehungen zu Familienangehörigen, Freund*innen/Bekannten, Kolleg*innen und professionellen Helfer*innen erfasst. Die kooperative Visualisierung und Analyse der Netzwerkstruktur und der Potenziale der erreichbaren sozialen Unterstützung sind Ausgangsbasis für inklusions- und gesundheitsfördernde Interventionen.
  • Im Biographischen Zeitbalken wird die Realbiografie einer Person als mehrdimensionales Geschehen verstanden. Ausgehend von einem biographischen Interview werden die gelebte Familien-, Wohn-, Bildungs-, Arbeits-, Gesundheits- und Hilfebiografie von Klient*innen entlang von Zeitachsen notiert. Die kooperative Analyse ermöglicht eine zielgerichtete Interventionsplanung, die individuelle Bewältigungsstrategien anerkennt und fördert.

Für beide Verfahren gibt es bereits Softwarelösungen: Die easyNWK und den easyBiograph. Letzterer ist technisch veraltet und nicht auf mobilen Endgeräten nutzbar. Anwender*innen melden außerdem Weiterentwicklungsbedarfe hinsichtlich der Eintragungsmöglichkeiten, Visualisierungsformen und automatisierten Auswertungen zurück. Darüber hinaus sind sowohl die easyNWK als auch der easyBiograph mit manchen Zielgruppen der Sozialen Arbeit aufgrund der abstrakten Symbolisierungen nur eingeschränkt verwendbar. Schließlich haben die Erfahrungen mit Distance-Learning und virtueller Beratung gezeigt, mit welchen Herausforderungen eine anwendungsorientierte Lehre als auch der kooperative Einsatz sozialdiagnostischer Verfahren im virtuellen Raum verbunden sind. Diese Herausforderungen nimmt die Kooperationspartnerschaft „TransSoDia“ an.

Projektinhalt

Soziale Diagnostik ist in den drei Partnerhochschulen integraler Bestandteil der Curricula für Soziale Arbeit und Sozialpädagogik. Der fachliche Austausch der Projektpartner*innen über die Lehre von Sozialer Diagnostik sowie der jeweils zugrunde liegenden theoretischen Bezüge, Anwendungserfahrungen und empirischen Erkenntnisse soll die fachliche Weiterentwicklung von Netzwerkdiagnostik und Biografischer Diagnostik im Kontext von Sozialer Arbeit befördern. In engem Austausch mit Studierenden und Praktiker*innen werden die Anforderungen an kooperative Instrumente erhoben und spezifiziert. In einem iterativen Prozess werden Prototypen erprobt und evaluiert, sodass fachgerechte, zeitgemäße und anwendungsfreundliche Instrumente und Informationsmaterialien entwickelt werden können.

Projektziele

Die Projektpartner*innen sind bestrebt das Lehr- und Weiterbildungsangebote im Bereich der Sozialen Diagnostik auf eine transnationale Ebene zu heben, die erwähnten Verfahren im engen Austausch von Praxis, Forschung und Lehre inhaltlich weiterzuentwickeln und sie für den digitalen Einsatz zu rüsten.
Hauptziele des Projektes sind

  • multimediale Informations- und Lernmaterialien in Form von Toolkits über Biografische Diagnostik und Netzwerkdiagnostik bereitzustellen,
  • zeitgemäße, webbasierte Softwarelösungen für die digitale Anwendung der Netzwerkkarte und des Biografischen Zeitbalkens zugänglich zu machen, 
  • didaktische Designs und Formate für die transnationale und digitale grundständige Hochschullehre wie auch hochschulische Weiterbildung zu konzipieren und diese an den Partnerhochschulen zu verankern.

Methodik

Alle Projektergebnisse werden in einem partizipativen und iterativen Prozess realisiert. 

  • Das spezifische wissenschaftliche und didaktische Know-How der Partner*innen stellt sicher, dass die gemeinsam konzipierten Tools und Manuals evidenzbasiert sind und einer breiten Fachöffentlichkeit bekannt gemacht werden können. Der fachliche Austausch über die jeweiligen Perspektiven auf Prinzipien, Zwecke und Einsatzbereiche der genannten Verfahren befördert die Wissens- und Kompetenzerweiterung der Partner*innen.
  • Die interdisziplinäre Kooperation mit Medieninformatiker*innen gewährleistet, dass die Software-Lösungen fachlichen wie auch technischen Ansprüchen genügen. Diese Zusammenarbeit fördert das Wissen von Techniker*innen über spezifische Bedarfe von Anwender*innengruppen an digitalen Technologien und jenes von Studierenden der Sozialen Arbeit über visuelle Informationstechnologien.
  • Lehrende, Studierende und Fachkräfte werden eingeladen, ihre Erfahrungen mit Netzwerkdiagnostik und Biografischer Diagnostik einzubringen und Prototypen der Software-Lösungen sowie Toolkits zu erproben. In Fokusgruppen werden die Anwendungserfahrungen der Studierenden und Teilnehmer*innen an Weiterbildungen diskutiert und Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung des Prototyps gezogen.
  • In den grundständigen Lehrveranstaltungen sowie in Weiterbildungsangeboten der Hochschulen werden neue didaktische Designs und Lehrmaterialien eingesetzt und in Hinblick auf ihre didaktische Eignung überprüft. Somit wird sichergestellt, dass sich die Konzepte und Materialien im breiten Praxistest bewährt haben, auf Rückmeldungen von Rezipient*innen fundieren und für die Umsetzung mit Fachkräften unterschiedlicher Qualifikationsniveaus und beruflicher Vorerfahrungen taugen.

Im letzten Projektjahr werden Disseminationsaktivitäten gesetzt, um die Ergebnisse der Fachwelt bekannt zu machen. In transnationalen Online-Veranstaltungen und Fachtagungen werden Fachkräfte der Sozialen Arbeit und Diagnostik-Lehrende mit dem neuesten Stand der Verfahren und den aktuellsten Versionen der webbasierten Instrumente vertraut gemacht. Softwarelösungen sowie Kurzmanuale für die easyNWK und den easyBiograph werden in englische Sprache übersetzt, um sie für die internationale Fachcommunity nutzbar zu machen. Die Partnerhochschulen verankern die Lehre der beiden Konzepte kooperativer Sozialer Diagnostik in ihre Curricula ebenso wie die entwickelten didaktischen Designs und Materialien.

Ergebnisse

In dem Projekt werden sechs Produkte entwickelt:

  • Formate, Designs und Materialien für die virtuelle Lehre werden in den Curricula der am Projekt beteiligten Partnerhochschulen nachhaltig verankert. Besonders Augenmerk gilt dabei Materialien für die asynchrone Lehre, wie Videos und Podcasts, sowie der Förderung des Theorie-Praxis-Transfers.
  • Im Sinne der Förderung lebenslangen Lernens sowie intersektoraler und internationaler Vernetzung werden transnationale virtuelle Weiterbildungen für Fachkräfte der Sozialen Arbeit konzipiert. Diese werden während der Projektlaufzeit erprobt und evaluiert, um evidenzbasierte Konzepte in das Weiterbildungsangebot der Partnerhochschulen implementieren zu können.
  • Die Software zur Erstellung und Analyse von egozentrierten Netzwerkkarten wird entsprechend der Anforderungen von Anwendung und Forschung weiterentwickelt und um zielgruppenorientierte Variationsmöglichkeiten ergänzt. 
  • Ein multimediales Toolkit für Netzwerkdiagnostik soll das selbstorganisierte Lernen und die fachgerechte Anwendung ausgewählter Instrumente unterstützen. Neben Grundlagentexten zur Netzwerktheorie und Arbeitshilfen für analoge sozialdiagnostische Instrumente enthält es Manuale, Tutorials sowie Podcasts für die Anwendung der Netzwerkkarte nach Peter Pantuček-Eisenbacher und ihrer Web App.
  • Für die Visualisierung von biografischen Verläufen wird eine neue, zeitgemäße und webbasierte Softwarelösung entwickelt. Dieses Programm wird jedenfalls eine mehrdimensionale Abbildung von Lebensereignissen und -phasen erlauben. Weitere Funktionen des Programms, wie die Integration von Fotos und Bildern, werden im Zuge des partizipativen Entwicklungsprozesses spezifiziert.
  • Das multimediale Toolkit für Biografische Diagnostik soll Einblicke in die Vielfalt der Strukturierungs- und Visualisierungsmöglichkeiten von lebensgeschichtlichen Narrationen und Lebensläufen gewähren. Videotutorials veranschaulichen die praktische Anwendung des Biografischen Zeitbalkens, Präsentationen und Podcast-Beiträge fokussieren auf ausgewählte Themenaspekte.

 

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FH-Dozentin
Lehrgangsleiterin Mental Health (akad.)
Lehrgangsleiterin Mental Health (MA)
Lehrgangsleiterin Mental Health (zertif.)
Department Soziales
Arbeitsplatz: B - Campus-Platz 1
M: +43/676/847 228 558
Externe MitarbeiterInnen
Markus Gerl
PartnerInnen
  • Prof. Dr. phil. habil. Joseph Richter-Mackenstein, Fachhochschule Kiel [Deutschland]
  • Christian Schwital, Stichting Saxion [Niederlande]
Finanzierung
EU (Erasmus+)
Laufzeit
01.04.2022 – 31.03.2025
Projektstatus
laufend
Beteiligte Institute, Gruppen und Zentren
Forschungsgruppe Media Computing
Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung
Institut für Creative\Media/Technologies