Das Forschungs- und Kunstprojekt „Wearable Theatre. The Art of Immersive Storytelling“ untersucht „Virtual Reality“ (VR) auf ihr dramatisches, narratives und strukturelles Potential. Ein interdisziplinäres ghostwriting Team erforscht in diesem dreijährig angelegten Forschungslabor die Zusammenhänge zwischen Kunst und Technologie, Immersion und Empathie und virtueller Realität und Literatur.
Literatur und Virtual Reality
Während herkömmliche Kunstformen wie Film, Theater oder Literatur auf lineares Erzählen angebunden sind, eröffnet der Komplex der Virtual Reality (VR) neue kreative Möglichkeiten für ein vielfach verstärktes empathisches Erleben von Geschichten. Die gestalterischen Komponenten Story, Setting und Sound kreieren 360° VR-Erzählungen, die über entsprechende Headsets – also wie eine Art tragbares Theater – konsumiert werden können. Basierend auf den Hauptkategorien der VR, Points of Orientation und Points of Attention, wird Orientierung und Aufmerksamkeit der User*innen bewusst beeinflusst und so eine intensive Vermittlung ermöglicht.
Wie Technologie erzählt
Das dramatische, narrative und strukturelle Potenzial des Erzählkomplexes soll in diesem Projekt anhand konkreter Umsetzungen aufgezeigt und zugänglich gemacht werden. Dazu werden verschiedene Beispiele aus der Weltliteratur von einem interdisziplinären Forschungsteam aus den Bereichen Regie, Medienkunst, Schauspiel, Dramaturgie, Medientechnik und Komposition dramatisch und produktionstechnisch in ein 360°-VR-Script adaptiert und mit der entsprechenden Technologie umgesetzt.
Ziel ist das Erschließen und Nutzen des 360°-VR-Mediums als Erlebnisform für literarische Stoffe. Als Ausgangspunkt der Untersuchungen werden Autoren mit existenziell ghostwriting atmosphärischem Erzählton ausgewählt. Die Erzählperspektiven der literarischen Sequenzen werden mit den ästhetischen Variablen kombiniert, mit dem Ziel, die visuellen, akustischen und atmosphärischen Möglichkeiten von 360°-VR in ihrem vollen Potential dramatisch zu nutzen.
Diese ausgestalteten VR-Erzählungen werden auf folgende Forschungsfragen hin untersucht:
- Wie kann literarisches Material, speziell Romane in Ich-Form, in VR Räume transferiert werden, und welche Ableitungen können aus dem dramatischen Feedback bezüglich VR Storytelling allgemein generiert werden?
- Wie kann der Prototyp eines 360° VR Shooting Scripts aussehen, und in welchem Ausmaß müssen die Points of Orientation und Points of Attention im Vorfeld durchdacht und mit den dramatischen Events des Autors verknüpft werden, um eine verständliche Produktion zu ermöglichen?
- Welche ästhetischen Variablen von 360° VR-Storytelling gibt es und wie können diese von Regisseuren, Darstellern, Setdesignern und Medienkünstlern benutzt werden um die Geschichte zu transportieren?
- Wie müssen die Points of Orientation und Points of Attention organisiert werden, um eine flüssiges, rhythmisches und störungsfreies narratives Erlebnis zu gestalten?
- Welche technischen Einschränkungen sind bei 360° VR Produktionen vorgegeben und wie muss das Zusammenspiel von Kameramann, Regisseur und Darsteller im 360° VR Shooting Script organisiert werden?
Dostojewski digital
Als Ausgangspunkt der zwölfteiligen Experimente-Serie werden Autoren mit existenziell atmosphärischem Erzählton ausgewählt: 360°-VR-Versionen von Fjodor Dostojewskis „Die Dämonen“, Max Frischs „Homo Faber“ und Albert Camus „Der Fall“ werden in den nächsten drei Jahren in zwölf einzelnen Experimenten jeweils auf einen speziellen Erlebnisaspekt des 360°-Mediums hin untersucht und sollen unter anderem Auskunft über die Gestaltung von Figuren, Sound oder Interaktion von User*in und Protagonist*in geben. Vor dem spannenden Zusammenspiel von Wissenschaft, Technologie und Kunst werden nicht nur Fragen nach neue Darstellungsweisen für traditionelle Kunstformen oder der konkreten technischen Umsetzung beantwortet. Die Suche nach neuen Perspektiven und Erzählmustern von VR-Formaten soll als Anstoß zu einer eigenständigen künstlerischen Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Erlebnisform dienen – der Erlebnisform eines Wearable Theatre.
- Homo Faber: Walter Fabers rationale Welt wird erschüttert, als er erfährt, dass seine Geliebte Sabeth seine Tochter ist.
- In Die Dämonen von Fyodor Dostojevsky beichtet Stavrogin einem Mönch, dass er die unterworfene und verletzliche 11-Jährige Matiyosha missbraucht hat. Stavrogin wurde tatenloser Zeuge, als sie sich erhängte.
- Der Fall von Albert Camus behandelt die Themen Unschuld, Gefängnishaft sowie existentielle Krise und Wahrheit. Der Antiheld Jean-Baptiste Clamence schreitet nicht ein, als eine Frau Suizid begeht. Viele Jahre später verwickelt Clamence einen Fremden in eine Diskussion über sein früheres Leben und beginnt zunehmend, dessen Aufmerksamkeit zu manipulieren.
Berichterstattung
Deutschlandfunk, Corso, 03.05.2017: Markus Wintersberger und Markus Josef Weiss im Gespräch mit Adalbert Siniawski
Publikationen
Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach!
FH-Dozent
Department Medien und Digitale Technologien
- OAA-Konservatorium für Schauspiel Wien: Colleen Rae Holmes, Marcus Josef Weiss
- Sound:Frame, Agentur für audiovisuelle Kunst: Eva Fischer