Den Schreibern des Mittelalters auf der Spur
Stift Klosterneuburg und FH St. Pölten untersuchen kulturelles Erbe alter Schriften
Die Bibliothek des Stiftes Klosterneuburg beherbergt mit ihren 270.000 Bänden nicht nur Jahrhunderte altes Wissen sondern auch eine Reihe von verborgenen Schätzen. Ein Team aus Mediävisten und Forscherinnen und Forschern der FH St. Pölten untersucht in einem gemeinsamen Forschungsprojekt nun dieses kulturelle Erbe Niederösterreichs.
Die ForscherInnen und BibliotheksmitarbeiterInnen wollen die Entstehungsgeschichte der mittelalterlichen Schriften des Stiftes Klosterneuburg nachzeichnen. Denn Niederösterreichs Klöster verfügen zwar über umfangreiche Sammlungen mittelalterlicher Handschriften, doch es gibt keine Hinweise darauf, wie viele Schreiber in einem Kloster tätig waren und ob diese zwischen den Klöstern wechselten. Das will das im März 2020 startende Projekt mit Methoden künstlicher Intelligenz herausfinden.
Vergangene Woche haben Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Propst Bernhard Backovsky im Rahmen des traditionellen Auftaktes zu Leopoldi, dem niederösterreichischen Landesfeiertag, das Projekt gemeinsam mit dessen Leitern öffentlich vorgestellt.
Individuelle Schriftmuster erkennen
Die Basis für die Arbeiten hat das Stift mit der Digitalisierung von rund 100.000 Seiten an mittelalterlichen Handschriften gelegt, von denen nun 40.000 im neuen Forschungsprojekt näher betrachtet werden. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wollen die Forscherinnen und Forscher Schriftmuster aus den digitalisierten Handschriften des Skriptoriums, der Schreibwerkstatt des Stifts, automatisch erkennen. Solche Methoden werden neben der Analyse historischer Dokumente unter anderem auch zur Verbrechensaufklärung eingesetzt. Dadurch können längst vergangene Schreiber identifiziert werden und Rückschlüsse auf die Arbeitsweisen in den Skriptorien gezogen werden.
Das transdisziplinäre Team beschreitet damit Neuland und will Aufschluss über mittelalterliche Denk- und Verhaltensmuster geben und damit den Wissenstransfer im Mittelalter in unseren Breiten nachvollziehbar machen.
Das Projekt „Skriptorien-Forschung im Niederösterreich des 12. Jahrhunderts“ wird vom Land Niederösterreich durch das FTI-Programm mit rund 200.000 Euro gefördert.