Untersuchung des menschlichen Gangbildes mit Hilfe eines tragbaren Messsystems (IMU)
Hintergrund
Gehen und Stehen zu können ist Voraussetzung für viele Alltagstätigkeiten und damit Grundlage für ein unabhängiges Leben. Obwohl es oberflächlich betrachtet so selbstverständlich erscheint, erfordert das Gehen ein komplexes Zusammenspiel von zentralem und peripherem Nervensystem und dem muskuloskelettalem System. Dieser Apparat ermöglicht eine effiziente Bewegung im Raum und ist im Stande auf Änderungen in der Umgebung (Bodenbeschaffenheiten, Hindernisse, etc.) zu reagieren ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Je nach Alter und dem Schweregrad einer Pathologie des Bewegungsapparates verringert sich jedoch die neuromotorische Kontrolle. Bedingt ist das meist durch eine Abnahme von Kraft und Flexibilität, was sich auch in einer geringeren Geschwindigkeit beim Gehen widerspiegelt. Mangelnde Kraft und Flexibilität steigern nicht nur das Sturz- und Verletzungsrisiko, sondern können das normale Gehen zu einer physischen und kognitiven Belastung werden lassen und in der Folge negativ auf die Lebensqualität und Lebensfreude wirken.
Erkenntnisse eines kürzlich veröffentlichen Review-Artikels, in dem die Ergebnisse von rund 85 Studien zusammengefasst wurden, zeigen, dass ältere Personen beim Gehen eine hohe Bewegungsvariabilität aufweisen, die allerdings von Personen mit erhöhtem Sturzrisiko oder mit neurologischen Beeinträchtigungen noch übertroffen wird. Da die Bewegungsvariabilität ein Indikator für pathologische Bewegungsmerkmale ist, kann sie für eine frühzeitige Identifikation von Pathologien eingesetzt werden. Auch macht sie es möglich, Therapiefortschritte und Verläufe zu messen und zu dokumentieren. Sie ist daher eine messbare Größe, die dafür herangezogen werden kann, eine optimale und individuelle Versorgung zu gewährleisten.
Projektinhalt
Zur Berechnung der Bewegungsvariabilität werden spatio-temporale Parameter (Doppelschrittzeit, Doppelschrittlänge, Schrittlänge, Schwungdauer, Schrittdauer, Schrittbreite, Dauer der Doppelunterstützungsphase) verwendet, welche in der Regel mittels einer Ganganalyse erhoben werden. Diese Analyse benötigt jedoch viel Zeit und ein spezielles Labor mit teurer Ausstattung. Es besteht daher ein Bedarf an kostengünstigen, für niedergelassene Gesundheitsdienstleister leicht finanzierbaren, anwenderfreundlichen Alternativen. Eine solche Alternative sind die inertial measurement units (IMU´s) mit deren Hilfe Ganganalysen auch im Feld (Therapiezentren, Praxis) durchgeführt werden können. Sie liefern zwar weniger Daten wie die klassische Ganganalyse sind aber weitaus einfacher in der Bedienung, weniger zeitaufwändig und auch kostengünstiger.
Die Firma VivaBack GmbH (https://www.vivaback.com/) entwickelt seit 2016 ein solches IMU basiertes System und in der vorliegenden Pilotstudie soll getestet werden, ob damit die Bewegungsvariabilität in Gangmustern gut erfasst werden kann.
Ziele und Methodik
Die Firma VivaBack GmbH entwickelt seit 2016 ein IMU System, welches Wirbelsäulenbewegungen im Alltag über einen ganzen Tag messen und quantifizieren kann. Das Ziel dieses Innovationsscheck ist es zu prüfen, ob die IMU von VivaBack für einen neuen Anwendungsbereich, nämlich zur Bestimmung von Bewegungsvarabilitäten in Gangmustern, geeignet ist. Es soll evaluiert werden:
- ob man mit dem Messsystem der Firma spatio-temporale Parameter (z.B. Schrittlänge, Schwungdauer, Schrittdauer etc. ) erheben kann,
- wie gut die Messungen im Vergleich zu einem Goldstandard (instrumentierte Ganganalyse im Ganglabor) sind und
- ob sich die Messungen für die Bestimmung von Bewegungsvariabilitäten eignen.
Ergebnis
Um zu überprüfen, ob die IMU der Firma VivaBack fähig ist, Bewegungsvariabilitäten in Gangmuster zu erkennen, werden die Daten der Pilotstudie auf der einen Seite mit dem Goldstandard (Messungen aus der klassischen Ganganalyse) überprüft und auf der anderen Seite mit den Ergebnissen des oben erwähnten kürzlich veröffentlichten Review-artikels verglichen. Sollte sich die IMU dabei als zuverlässige Methode herausstellen, würde das VivaBack den Einstieg in den Bereich der mobilen Ganganalyse ermöglichen. Mit einem ersten Prototyp bestünde außerdem die Möglichkeit an zusätzliche Projektpartner heranzutreten und die Chance zu erhalten die Technologie weiterzuentwickeln. Die orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) im Annastift zeigt zum Beispiel großes Interesse und hat bereits erste Feasibility-Tests mit den Viva-back Sensoren durchgeführt. Wenn die vorliegende Pilot-Studie vielversprechende Ergebnisse liefert, soll ein Nachfolgeprojekt mit VivaBack eingereicht werden.
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Department Gesundheit
- VivaBack GmbH