Intelligente Gangmusteranalyse für die robuste Erkennung von Gangstörungen: Entwicklung automatisierter Methoden, die Daten aus der klinisch instrumentierten Ganganalyse analysieren und nach möglichen Pathologien klassifizieren
Hintergrund
Störungen oder Auffälligkeiten im Gangbild, zum Beispiel aufgrund funktioneller Defizite, betreffen eine Vielzahl an Personen in unserer Gesellschaft. Große therapeutische Einrichtungen und Rehabilitationszentren sind in der Regel darauf angewiesen, eine große Anzahl an Patient*innen in möglichst kurzer Zeit, daher kosteneffizient, zu analysieren und zu behandeln. Im Zuge einer quantitativen und objektiven Erfassung des therapeutischen Verlaufes setzten diese Einrichtungen typischerweise eine Kombination aus kosteneffizienten und schnell nutzbaren Analyseverfahren ein. Für die Erfassung von Gangstörungen werden für diese Zwecke oft die Bodenreaktionskräfte beim Gehen mit Hilfe von Kraftmessplatten analysiert. Therapeut*innen und medizinisches Personal inspizieren die Vielzahl der resultierenden biomechanischen Parameter in der Regel manuell, und leiten daraus klinische Diagnosen ab und stützen medizinische Entscheidungen darauf.
In den letzten Jahren wurden immer wieder neue Ansätze publiziert, welche die automatische Analyse und Klassifizierung unterschiedlicher funktioneller Defizite auf Basis von Ganganalysedaten zum Ziel hatten. Bestehende Publikationen konnten bereits vielversprechende Ansätze auf dem Gebiet der automatischen Klassifizierung von Ganganalysedaten verzeichnen, unterliegen bis dato allerdings noch starken Limitationen. Diese Ansätze basieren zumeist nur auf kleinen (oder künstlich geschaffenen) Datensätzen, und die entwickelten Methoden schließen oftmals nur eine geringe Anzahl an möglichen funktionellen Defiziten ein. Dadurch ist der Einsatz dieser Methoden in der klinischen Praxis bis heute nur schwer möglich bzw. nicht sinnvoll.
Zielsetzung
Ziel des Projektes ist es daher, automatisierte Methoden zu entwickeln, die in der Lage sind, Daten aus der klinisch instrumentierten Ganganalyse (z. B. Bodenreaktionskräfte) zu analysieren und nach möglichen Pathologien zu klassifizieren. Eine Datenbank einer großen Rehabilitationseinrichtung, welche Ganganalysedaten und zugehöriger Diagnosen von Patient*innen aus 20 Jahren an klinischer Praxis beinhaltet, steht diesem Projekt zur Verfügung. Basierend auf dieser Datensammlung soll
- ein allgemeines Modell des Normalgangverhaltens generiert werden, das unterschiedliche Parameter wie Gehgeschwindigkeit, Alter, Geschlecht berücksichtigt;
- basierend auf dem Normalmodell sollen Methoden (basierend auf dem Prinzip des maschinellen Lernens) entwickelt werden, welche eine automatische Klassifizierung unterschiedlicher Funktionsdefizite erlaubt;
- des Weiteren werden Methoden entwickelt die bei Abweichung vom Normgangmodel, die Daten von Patient*innen mit der gesamten Datenbank abgleicht, um ähnliche Fälle und deren zugeordnete Diagnosen zu finden.
Diese Methode soll schlussendlich die Therapeut*innen im klinischen Alltag unterstützen, um noch präzisere Diagnosen und Entscheidungen treffen zu können. Dies kann in weiterer Folge eine erhöhte Zeiteffizienz bedingen und dadurch auch eine Kostenreduktion.
Projektpartner
Das Projekt wird in enger Kooperation mit der AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt NÖ) umgesetzt. Diese verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Daten aus der klinisch instrumentierten Ganganalyse. Die Universität Wien fungiert in diesem Projekt als wissenschaftlich profunder Partner im Bereich Biomechanik. Der Studiengang Physiotherapie der FH St. Pölten bringt die klinische Expertise ein, das Institut für Creative\Media/Technologies der FH St. Pölten (IC\M/T) stellt das notwendige Know-How im Bereich Signalverarbeitung und maschinelles Lernen zur Verfügung.
Video
- Universität Wien, Institut für Sportwissenschaft, Abteilung Biomechanik, Bewegungswissenschaft und Sportinformatik
- AUVA - Allgemeine Unfallversicherungsanstalt