ACCESS

Bewertung klinisch relevanter biomechanischer Biomarker im Feld zur Vorhersage der körperlichen Funktion und Gesundheit bei Patient*innen mit Kniegelenksarthrose: Eine bundesweite Citizen Science Studie.

Hintergrund und Problemstellung

In den letzten drei Jahrzehnten haben markerbasierte 3D-Gang- und Bewegungsanalysesysteme eine entscheidende Rolle bei der Quantifizierung und Analyse menschlicher Bewegungen gespielt. Diese Systeme unterstützen sowohl die Forschung als auch die Medizin, insbesondere bei der Diagnostik und medizinischen Entscheidungsfindung. Trotz der enormen Vorteile die die 3D-Gang- und Bewegungsanalyse für die klinische Praxis und die Forschung bietet, ist ihr Einsatz aufgrund der technischen Komplexität, der hohen Kosten und der laborgebundenen Aufbauten nur wenigen Einrichtungen vorbehalten. In der Forschung gestaltet sich zudem die Datenaufnahme in der 3D Gang- und Bewegungsanalyse als sehr aufwendig. Proband*innen müssen sich in der Regel bis auf die Unterwäsche entkleiden, damit dann mehr als 50 reflektierende Marker auf anatomisch zu palpierende Stellen aufgebracht werden können. Diese werden dann von einem Bewegungsanalysesystem erfasst und erlauben eine genaue Analyse der Bewegung. Das ist zeitlich sehr aufwendig, unangenehm für die Proband*innen und macht Analysen außerhalb des Labors fast unmöglich. Der große Aufwand ist zudem der Grund, warum derzeit die meisten biomechanische Untersuchungen weltweit oft nur auf relativ kleine Stichproben zurückgreifen können. 

Projektinhalt und Ziele

Fortschritte im Bereich kostengünstiger Sensortechnologien, kombiniert mit Künstlicher Intelligenz, eröffnen neue Wege in der Bewegungsanalyse. Diese neuen Methoden sind deutlich günstiger und einfacher zu bedienen, was ihren potenziellen Einsatz erheblich erweitert. Eine dieser zukunftsweisenden Technologien sind Smartphone-basierte markerlose 3D-Bewegungsanalysesysteme. Diese Systeme nutzen den kombinierten Einsatz einer Webapplikation, Künstlicher Intelligenz, Smartphones und Cloud-Computing und ermöglichen kostengünstige und simple 3D-Ganganalysen außerhalb teurer Labore, so zum Beispiel auch www.opencap.ai, eine kürzlich von Stanford entwickelte Lösung.
Das Projekt ACCESS zielt darauf ab, das Potenzial dieser Technologie außerhalb des Labors zur Vorhersage klinisch relevanter Veränderungen bei Patient*innen mit Kniearthrose zu erforschen. Die Hauptziele von ACCESS sind:

  • Mit Hilfe von OpenCap, einem open-source markerlosen Motion-Capture-System, die 3D-Bewegungsdynamik bei Patient*innen mit Kniearthrose zu erfassen.
  • Eine Validierungsstudie im Digital Health Lab durchzuführen, um die Möglichkeiten und Grenzen von markerlosen Motion-Capture-Systemen zu evaluieren.
  • Ein großes Netzwerk von Citizen Scientists (Physiotherapeut*innen) einzubinden, welche dabei unterstützen die Bewegungsdaten von Patient*innen mit Kniearthrose zu erfassen und damit gleichzeitig auch die Praxistauglichkeit dieser Systeme zu testen.
  • Zu untersuchen, inwieweit die erfassten biomechanischen Parameter mit demografischen, mentalen und körperlichen Gesundheitsmaßen in Zusammenhang stehen und wie sich diese Parameter im Verlauf des Rehabilitationsprozesses verändern.

Mit seinem Citizen Science Ansatz beschreitet ACCESS in der Biomechanik neue Wege. 25 Physiotherapeut*innen des österreichischen GLA:D-Netzwerks werden als Citizen Scientists das Projekt eineinhalb Jahre lang unterstützen. Die Citizen Scientists erheben von ihren Patient*innen in ihrer täglichen klinischen Praxis eine Vielzahl an klinischen Parametern zu Schmerz, körperlicher Funktion, und Informationen zur psychischen und mentalen Gesundheit. Zusätzlich werden alle Citizen Scientists darauf trainiert auch biomechanische Parameter beim Gehen, bei Kniebeugen und anderen funktionellen Übungen mit dem Smartphone-basierten markerlosen 3D-Bewegungsanalysesystem OpenCap über den mehrwöchigen Verlauf der Therapie zu erfassen. In Summe wird so ein weltweit einzigartiger Datensatz von etwa 165+ PatientInnen geschaffen, der drei wesentliche Aspekte umfasst: (1) Informationen zum funktionellen und mentalen Gesundheitszustand von Patient*innen mit Kniearthrose, (2) biomechanische Daten, die ein tieferes Verständnis der menschlichen Bewegungsdynamik der Patientengruppe ermöglichen, und (3) den zeitlichen Verlauf dieser Daten über die mehrwöchige Therapie und nach 12 Monaten.
Mit Hilfe dieses Datensatzes wird dann untersucht, wie diese Technologie eine objektive und zuverlässige Lösung für Gesundheitsscreenings in der breiten Öffentlichkeit bieten kann, beispielsweise um das Risiko für Kniearthrose aufgrund ungünstiger biomechanischer Bewegungsmuster frühzeitig zu erkennen. Zudem wird untersucht wie diese Technologie dazu beitragen kann mit objektiven und reliablen Daten die medizinische Entscheidungsfindung in der Therapieplanung zu optimieren.

Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach?

Leiter Center for Digital Health and Social Innovation
Senior Researcher Institut für Gesundheitswissenschaften
Department Gesundheit
Arbeitsplatz: B - Campus-Platz 1
M: +43/676/847 228 587
PartnerInnen
  • Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, MSc, Universität für Weiterbildung Krems, Zentrum für Regenerative Medizin
Finanzierung
GFF (FTI-Citizen Science 2023)
Laufzeit
01.11.2024 – 01.11.2027
Projektstatus
laufend
Beteiligte Institute, Gruppen und Zentren
Center for Digital Health and Social Innovation
Institut für Gesundheitswissenschaften